20.06.2023

Es geht ans Eingemachte: Hersteller der Weck-Gläser stellt Insolvenzantrag

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Industrial manufacturing

Author(s) / Source(s): Henryk Hielscher / WirtschaftsWoche

Einst hat das Unternehmen Weck die Vorratshaltung revolutioniert und prägte mit seinen Einmachgläsern den Begriff „Einwecken“. Nach Informationen der WirtschaftsWoche musste das Kultunternehmen nun Insolvenz anmelden.

Woran es liegt, dass das Unternehmen Weck jetzt Insolvenz anmelden musste? An mangelnder Bekanntheit jedenfalls nicht. Die Marke hat es sogar in die deutsche Sprache geschafft: im Duden als „einwecken“. Die Gläser, verziert mit einer stilisierten Erdbeere und der Aufschrift "Weck", waren jahrzehntelang der Inbegriff für Einmachgläser und stapelten sich in den Vorratskellern der deutschen Verbraucher.

Irgendwann ebbte der Boom zwar ab. Doch in den vergangenen Jahren erlebte das Einwecken ein kleines Comeback. Ausgereicht hat das aber offenbar nicht, um den massiven Kostenanstieg der vergangenen Monate auszugleichen.

Nach Informationen der WirtschaftsWoche wurde vom Amtsgericht Karlsruhe nun der Jurist Thilo Braun von der Kanzlei Nehrig, Braun & Sozien als vorläufiger Insolvenzverwalter der J. Weck GmbH & Co. KG sowie der Weck Glaswerk Gesellschaft eingesetzt.

Er dürfte zunächst versuchen, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds für die Mitarbeiter zu organisieren. Anschließend geht es darum, die Kosten zu senken, um eine Basis für den Weiterbetrieb des Traditionsunternehmens zu schaffen.

Am 1. Januar 1900 hatten Johann Carl Weck und Georg van Eyck im badischen Öflingen die Firma "J. Weck & Co. - Einkochgläser und Einkochgeräte" ins Leben gerufen. Die beiden hatten eine Erfindung des Chemikers Rudolf Rempel weiterentwickelt und 1895 das Patent zum Einkochen von Lebensmitteln gekauft. Der Vorteil der Weck-Methode: Man brauchte plötzlich nur noch kochendes Wasser sowie Gläser, Gummis und Klammern, um Lebensmittel haltbar zu machen.

Defizitäre Glasfabrik in Bonn-Duisdorf

Obwohl Johann Weck das Unternehmen schon 1902 wieder verließ, behielt es seinen Namen. Van Eyck war ein begnadeter Vertriebler: Er sorgte dafür, dass das Einwecken an Hauwirtschaftsschulen gelehrt wurde. So wurde die Methode schnell bekannt und führte zu einer „Umwälzung in der Küche aller Länder“, wie es in einem Werbeprospekt von 1906 hieß. Ganz nebenbei schuf van Eyck einen der ersten Markenartikel in Deutschland.

Als in den Fünfzigerjahren Kühlschränke die Haushalte eroberten, musste sich das Unternehmen neu ausrichten. Tiefkühltruhen in Supermärkten erschwerten zusätzlich das Einweck-Business. Das Unternehmen nahm daher weitere Glasprodukte ins Angebot auf, etwa Industriekonservengläser für Senf, Gurken & Co. „Die J. Weck GmbH u. Co. KG ist Vertreiber von Weißglas-Verpackungen für Getränke und Nahrungsmittel, von Haushaltskonservengläsern Marke Weck und Rex sowie von Spezialgläsern wie Teelichthülsen und Kerzengläsern für den Kirchen- und Friedhofsbedarf“, heißt es im jüngsten verfügbaren Geschäftsbericht für das Jahr 2021.

„Der Umsatz im Bereich Verpackungsglas konnte aufgrund höherer Abgabepreise im Vergleich zum Vorjahr um knapp zwei Prozent gesteigert werden, der Haushaltskonservenglas-Umsatz um gut 16 Prozent“, geht aus dem Jahresabschluss hervor. Das Problem: Weck vermarktet nicht nur, sondern produziert auch selbst. Teil der Unternehmensgruppe ist eine defizitäre Glasfabrik in Bonn-Duisdorf, die Weck Glaswerk GmbH. Schon 2021 flossen über einen Ergebnisabführungsvertrag 3,7 Millionen Euro an das Glaswerk.

Die Belastung dürfte im vergangenen Jahr wohl noch zugenommen haben. Schon im Geschäftsbericht für 2021 warnte das Unternehmen vor signifikanten Steigerungen der Energie- und Rohstoffpreise, da „ein zumindest temporärer Ausfall wichtiger Förderländer von Öl und Gas aus politischen Gründen Realität ist“. Der Abschluss für 2021 wurde erst nach Beginn des Kriegs in der Ukraine erstellt.

Sind die gestiegen Energie- und Rohstoffpreise also für die Insolvenz von Weck verantwortlich? Das Unternehmen ließ eine Anfrage der WirtschaftsWoche dazu bislang unbeantwortet.

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