06.10.2022

Anhaltende Konkurswelle in der Schweiz

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2022-10-07_09-46-26

Author(s) / Source(s): Creditreform

Die Schweiz erscheint hierzulande in der Krise vielen als Insel der Seligen. Während in den Ländern der Europäischen Union die Inflationsrate bei rund 9 Prozent liegt, gehen Schweizer Prognostiker für das Jahresende von 3 Prozent aus.

Für 2023 liegen eidgenössische Forschungsinstitute bei 2,3 Prozent Inflationsrate. Doch die Konjunktur hat sich im Zeichen der vielen Krisen mit dem Beginn des laufenden Dezenniums auch in der Schweiz eingetrübt. Ein Zeichen des Abschwungs ist die Entwicklung bei den Unternehmensinsolvenzen. Geht es doch bei der Beurteilung der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage nicht nur um den Arbeitsmarkt, die Produktion von Waren und Dienstleistungen oder Exportquoten. Insolvenzen, insbesondere Unternehmensinsolvenzen, sind ein wichtiger Teil der Konjunktur. Sie sind nämlich nicht nur Indikator des Geschehens, sondern bestimmen die aktuelle Konjunktur entscheidend mit.

Creditreform Schweiz beobachtet das Insolvenzgeschehen in der Alpenrepublik seit vielen Jahren. Analysiert werden nicht nur Unternehmens- und Privatkonkurse, es wird – ebenso wie in Deutschland – nach den Gründen gefragt, der Schaden bemessen, aber auch das Gründungsgeschehen gegenübergestellt, um die Unternehmenslandschaft und ihre Entwicklung im Ganzen darzustellen.

Im Zeitraum von Januar bis August 2022 wurden von Creditreform Schweiz 6.471 Konkurse registriert. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (4.510 Konkurse) stellt dies eine Zunahme von 43,5 Prozent dar. In ihrer Prognose für das gesamte Jahr 2022 gehen die Schweizer von 9.900 Konkursen aus – gegenüber den 7.401 gesicherten Konkursen aus dem Vorjahr würde dies eine Steigerung von rund einem Drittel bedeuten. Die jüngste aktuelle Zahl zum Geschehen im August registriert alleine 728 Firmenkonkurse – gegenüber dem August 2021 mit 517 Insolvenzfällen eine Steigerung von rund 41 Prozent.

Private Schuldner weniger betroffen
Weiterhin rückläufig ist in der Schweiz die Zahl der Privatkonkurse. Bei 5.534 Fällen von Januar bis August 2022 ist gegenüber 6.034 Fällen im Vorjahr ein Rückgang von über 6 Prozent zu registrieren. Bis zum Jahresende geht Creditreform Schweiz von 8.300 Privatkonkursen aus – bei 8.681 Betroffenen im Jahre 2021 wäre dies ein Minus von 4,4 Prozent.

In der deutschen amtlichen Statistik wird in den Zahlen nicht berücksichtigt, ob es sich bei einer Privatinsolvenz nicht doch um ein kleines Unternehmen gehandelt hat. So finden sich bei den Privatinsolvenzen auch viele Mikrobetriebe, die doch eigentlich eine selbstständige unternehmerische Tätigkeit darstellen. In der Schweiz erfolgt die Konkurspublikation auf den Inhaber, würde also als Privatkonkurs zu zählen sein. Creditreform überprüft alle Privatkonkurse auf das Vorhandensein einer Einzelunternehmung und zählt diese entsprechend als Firmenkonkurs.

Nicht nur die Schweiz, auch Österreich registriert eine Insolvenzwelle. Waren nur in Deutschland im ersten Halbjahr des laufenden Jahres Rückgänge bei den Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen? Tatsächlich meldet das Statistische Bundesamt für den August 6,6 Prozent mehr betroffene Unternehmen als im Vormonat. Allerdings sind die Monatszahlen sehr volatil. Der tatsächliche Zeitpunkt der Meldung über ein Insolvenzverfahren beim entsprechenden Amtsgericht kann einige Zeit zurückliegen, bis sie in die Statistik einfließt. Creditreform geht für die Entwicklung in Deutschland weiterhin davon aus, dass die aktuelle Situation die tatsächliche Lage weitgehend kaschiert. So spricht auch der Verband der Insolvenzverwalter davon: „Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei anhaltend hohen Energiepreisen und entsprechend steigenden Preisen für Rohstoffe, Logistik etc. die betroffenen Unternehmen in die Verlustzone geraten. In der Folge könnten die Unternehmensinsolvenzzahlen innerhalb der nächsten zwölf Monate um fast 40 Prozent steigen. Dies wäre allerdings auf der historisch niedrigen Basis keine Insolvenzwelle, sondern eine Normalisierung der Zahlen.“

Gründungsgeschehen bleibt stabil

Die sich überlagernden Krisen haben in Deutschland und auch in der Schweiz Auswirkungen auf das Gründungsgeschehen. Neu gegründete Unternehmen sind auch wichtig um via Insolvenz ausgeschiedene zu ersetzen. Wie bei den Insolvenzen aber auch, ist – jedenfalls statistisch – noch kein markanter Rückgang festzustellen. Anzunehmen wäre ja, dass angesichts der schlechten wirtschaftlichen Perspektiven viele Motivierte zunächst Zurückhaltung an den Tag legen. Auf der anderen Seite verschwinden Betriebe nicht nur durch die Insolvenz. Tatsächlich überwiegen die stillen Heimgänge (Löschungen von Unternehmen), das Aufkommen von Insolvenzen bei weitem. Aber auch hier zeigen sich wider Erwarten nicht mehr Liquidationen. Im Zeitraum von Januar bis August 2022 wurden in der Schweiz insgesamt 33.091 Firmen neu im Handelsregister eingetragen. Das sind 3 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Mit geschätzten 50.000 Neueintragungen bis zum Ende des Jahres liegt man in der Schweiz also etwa auf dem Niveau von 2021 mit 50.600 Neueintragungen. Die Löschungen von Betrieben im Handelsregister liegen von Januar bis August auf dem Level des Vorjahres, bis zum Jahresende geht Creditreform von 28.400 Liquidationen aus (plus 0,9 Prozent).

Die Insolvenzsituation in der Schweiz mit ihrem starken Anstieg ist wohl eine Vorwegnahme dessen, was auch in Deutschland im Zeichen der Krise zu erwarten ist. Erneut ist die Rede davon, die Pflicht zum Antrag eines Insolvenzverfahrens wieder auszusetzen. Vergessen wird damit, dass die tatsächliche Entwicklung nur verdeckt wird und die Schäden für die Volkswirtschaft nicht abgewendet sind.

Quellen: Creditreform Schweiz, Statistisches Bundesamt Deutschland

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