29.02.2024

Mit Eissmann kämpft der nächste Autozulieferer ums Überleben: Der Spezialist für Innenraumkomponenten wie Verkleidungen hat Insolvenz angemeldet.

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Automobilindustrie

Autor(en) / Quelle(n): Mitteilung der Pressestelle

Eissmann? Das Unternehmen mit Sitz in Bad Urach, südlich von Stuttgart, dürfte wohl nicht allzu vielen Autofahrern ein Begriff sein. Dabei sind die Produkte der 1964 gegründeten Firma in den Innenräumen der gängigen Automodelle allgegenwärtig: Eissmann produziert Verkleidungskomponenten wie Mittelkonsolen, Instrumententafeln, Armauflagen, Türverkleidungen, Sitzrückenschalen und Driver Airbags, auch Schaltgriffe und Wählhebel sowie komplette Verkleidungssysteme gehören zum Portfolio.

Ob das in Zukunft so bleibt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen: Am Mittwoch haben die Eissmann Automotive Deutschland GmbH sowie die wichtigsten deutschen Tochtergesellschaften beim Amtsgericht Tübingen Insolvenzantrag gestellt. Das Unternehmen ist die Muttergesellschaft der Eissmann Group Automotive. Über sie erfolgt neben der Konzerngeschäftsführung auch die zentrale Konzernverwaltung, das Entwicklungs- und Projektgeschäft sowie der Anlagen- und Musterbau.

Insolvenzgeld für drei Monate
Eissmann gilt als ein Schwergewicht im Interieursegment und arbeitet nach eigenen Angaben „mit nahezu allen namhaften Automobilherstellern und -zulieferern zusammen“. Laut Unternehmenshomepage beschäftigt das Unternehmen weltweit an 17 Standorten rund 5000 Mitarbeiter, rund 1000 davon in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2021 – aktuellere Zahlen liegen im Bundesanzeiger nicht vor – erzielte die Eissmann Group Automotive rund 367 Millionen Euro Umsatz. Als wesentliche Säule der Finanzierung diente der Gruppe zu diesem Zeitpunkt ein im Juli 2020 unterzeichneter Konsortialkredit über ursprünglich insgesamt 120 Millionen Euro mit einer Laufzeit von drei Jahren. Daneben existierten bilaterale Finanzierungsverträge, Leasing-Finanzierungen und eine Mezzanine-Finanzierung.

Viele Autozulieferer kämpfen derzeit mit Gegenwind. Die wichtigsten Gründe dafür sind die Abkühlung der Autonachfrage und hoher Kostendruck bei der Umstellung auf Elektromobilität. Die großen Hersteller geben Sparvorgaben oft an ihre Lieferanten weiter. Bei Konzernen wie Continental, Bosch und ZF Friedrichshafen werden derzeit Tausende Arbeitsplätze abgebaut oder stehen zur Disposition.

Auch Eissmann steckt seit geraumer Zeit in der Krise. „Die Sanierungsmaßnahmen der vergangenen Monate konnten die Rezessionseffekte, diverse Inflationstreiber wie Energiekosten, Materialkosten oder die Zinsentwicklung nicht kompensieren“, teilte das Unternehmen mit. Hinzu kam ein schlechtes Timing: Das Unternehmen hatte 2021 noch groß investiert und den Spritzguss-Experten KTSN sowie des Elektronik-Spezialisten Ingeneers übernommen. Das sorgte zwar für Umsatzwachstum. Allerdings „war der Liquiditätsrahmen durch die Käufe eingeschränkt“, wie es im Geschäftsbericht 2021 heißt. Zudem war die Geschäftslage durch die Halbleiterkrise „schlechter als erwartet und sehr erratisch“. In der Folge beschloss das Management, das Unternehmen cash- und liquiditätsorientierter zu führen und die freie Liquidität auszubauen. Doch das reichte offenbar nicht aus. Zumal Probleme in Werken im Ausland die Lage zusätzlich erschwert haben sollen.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens dürfte es bei Eissmann nun zu weiteren Einschnitten kommen. In den kommenden drei Monaten dürften die Mitarbeiter aber zunächst Insolvenzgeld erhalten und der Betrieb soll „so reibungslos wie möglich“ weiterlaufen. Auch die ausländischen Töchter sollen möglichst aus der Insolvenz herausgehalten werden. Ob dies gelingt, wird sich zeigen.

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