Autor(en) / Quelle(n): DIESEL SCHMITT AMMER
Hohe Energiekosten und verändertes Einkaufsverhalten erfordern Neuaufstellung
Die Geschäftsführung der Biebelhausener Mühle GmbH & Co. KG, mit rund 550 Mitarbeitern eines der größten und ältesten Unternehmen in der Region Trier, nutzt die Möglichkeiten eines formellen Restrukturierungsverfahrens, um auf erhebliche Herausforderungen zu reagieren, mit denen die Hersteller handwerklich erzeugter Backwaren seit Jahren konfrontiert sind.
Eine dieser Herausforderungen liegt in einem sich stetig verändernden Kundenverhalten. So verlagert sich der Verkauf von Backwaren bereits seit Jahren von der klassischen Bäckereifiliale über die so genannte Vorkassenzone großer Einzelhändler hin zu SB-Backstationen, die unmittelbar vom Einzelhändler betrieben werden. Die aktuell hohe Inflation verstärkt bzw. beschleunigt diesen Trend, da sich viele Verbraucher zu einem günstigeren Einkaufsverhalten gezwungen sehen.
Die Einkaufsmacht des filialisierenden Lebensmitteleinzelhandels und der damit einhergehenden Druck auf die Verkaufspreise werden durch erhebliche Kostensteigerungen weiter verstärkt. So sehen sich nicht nur Handwerksbäcker beim Rohstoffeinkauf sondern insbesondere auch bei Energie- und Personalkosten von teils erheblich steigenden Preisen konfrontiert. Hinzu kommt, dass es immer schwerer fällt, qualifiziertes Personal für die Besetzung der eigenen Verkaufsfilialen zu gewinnen, wobei die Filialbetreiber in der Regel nicht mit der Einschränkung von Öffnungszeiten reagieren können.
Wie auch viele andere Bäckereien konnte auch die Biebelhausener Mühle diesem Druck nicht mehr standhalten, so dass nun mit Hilfe des Insolvenzrechts eine Aufspaltung des operativen Geschäfts in die beiden Leistungsbereiche Filialgeschäft und Tiefkühlproduktion für gewerbliche Kunden angestrebt wird. Dabei bieten sowohl das regionale Filialnetz mit rd. 60 Standorten in Rheinland-Pfalz und dem Saarland als auch die leistungsfähige Tiefkühlproduktion am Standort Ayl-Biebelhausen attraktive Potenziale für qualifizierte Investoren.
„Die Entscheidung, die wir zu treffen hatten, ist uns sehr schwergefallen“, erläutert Michael Wacht, geschäftsführender Gesellschafter der Biebelhausener Mühle. Allerdings sei die wirtschaftliche Situation unternehmerisch nicht mehr zu vertreten gewesen. „Wir arbeiten hart daran, dass wir die Arbeitsplätze möglichst vieler unserer qualifizierten Mitarbeiter erhalten können“, führt Michael Wacht weiter aus. „Dafür haben wir bereits in den letzten Monaten viele Gespräche mit Marktbegleitern und potenziellen Investoren geführt.“ Diese Gespräche sollen nun in den nächsten Wochen und Monaten mit Hilfe des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters fortgesetzt werden.
Handwerklich geprägte Bäckereien seit Jahren unter hohem Druck Nicht nur deutlich gestiegene Energie- und Rohstoffpreise stellen handwerklich geprägte, filialisierende Bäckereien vor existenzielle Herausforderungen. So wirkt auch die seit Jahren anhaltende Verlagerung des Verkaufs von Backwaren von der selbständigen Bäckereifiliale über die so genannte ‚Vorkassenzone‘ großer (Lebensmittel-) Einzelhändler hin zu Selbstbedienungsstationen in Regie des Einzelhandels negativ auf Umsätze und Erträge, wobei die aktuelle Inflation viele Verbraucher zu preisgünstigem Einkaufsverhalten bewegt. Hinzu kommt der allgemeine Personalmangel mit einhergehend steigenden Personalkosten, der den Betrieb von eigenständigen Filialen zunehmend unrentabel macht. Dies führt dazu, dass in den letzten Jahren eine Vielzahl Bäckereien Insolvenz anmelden mussten, darunter HOFMEISTER (2019, 123 Filialen), HEIMATBÄCKER (2019, 400 Filialen), DAT BACKHUS (2020, 115 Filialen), GOLDJUNGE (2022, 26 Filialen), ACHIMER STADTBÄCKEREI (2019 und 2023, 60 Filialen), MOLL (2023, 19 Filialen) sowie in der Region u. a. THILMANN (2022, 20 Filialen) und zuletzt auch die Traditionsbäckerei HEIL in Saarbrücken.
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